Carl Gunther Schweitzer

Der aus Berlin stammende Pfarrer Carl Gunther Schweitzer war jüdischer Herkunft und stieß 1937 zum Lempp’schen Kreis. Als 1943 die Osterdenkschrift verfasst und an Landesbischof Meiser übergeben wurde, war Schweitzer, dem die Flucht aus Deutschland gelungen war, in England. Dort baute er eine Ausbildungsstätte für rassisch verfolgte Theologen aus Deutschland auf.

Der Berliner Pfarrer Carl Gunther Schweitzer (1889-1965) war jüdischer Herkunft. Schon zehn Jahre vor ihrer eigenen Taufe 1902 hatten seine Eltern, der Berliner Kaufmann Eugen Schweitzer und seine Frau Algunde, ihre Söhne evangelisch taufen lassen. Erst jetzt, bei der Taufe seiner Eltern, erfährt Carl Gunther als Zwölfjähriger von seinen jüdischen Wurzeln.

Carl Gunther Schweitzer (links) zusammen mit Rev. John R. Temple im englischen »Wistow Training Centre«, das Schweitzer zwischen 1943 und 1946 leitete.

Carl Gunther Schweitzer (links) zusammen mit Rev. John R. Temple im englischen »Wistow Training Centre«, das Schweitzer zwischen 1943 und 1946 leitete.

Schweitzer studiert evangelische Theologie in Tübingen, Halle, Bonn, Erlangen und Berlin. 1912 begegnet er im Haus seiner Eltern dem Theologen Paul Tillich, zu dem sich eine Freundschaft entwickelt. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs meldet sich Schweitzer im August 1914 als Kriegsfreiwilliger. Nur zwei Monate später wird er in Flandern schwer verwundet.

1919 wird Schweitzer Hilfsprediger an der Garnisonskirche in Potsdam. 1923, zwei Jahre nach seiner Promotion zum Dr. phil. über das Thema »Bismarcks Stellung zum christlichen Staat«, wird der junge Theologe als einer der Direktoren in den »Central-Ausschuß« (CA) der Inneren Mission berufen. Er wird Gründer und Leiter der Apologetischen Centrale (AC) für Weltanschauungsfragen beim CA, die ihren Sitz in Berlin-Dahlem, ab 1926 im Spandauer Evangelischen Johannesstift hat. Nachfolgerin dieser Einrichtung, die Sekten und religiöse Bewegungen untersuchte und über diese informierte, ist die heutige Berliner »Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen«.

1933 gehört Schweitzer zu den Gründungsmitgliedern des Pfarrernotbundes und ab 1932, als er die Leitung der AC an Walter Künneth abgab, Superintendent des Kirchenkreises Potsdam II in Wustermark. Obwohl er 1934 wegen Verlesung einer Kanzelerklärung des Pfarrernotbundes gegen den „Maulkorb-Erlass“ des Reichsbischofs Müller seines Amtes enthoben wurde, hielt er weiterhin Gottesdienste im Pfarrhaus ab. 1934 trat er der Bekennenden Kirche bei. 1935 wurde er wegen einer Kanzelabkündigung der Bekennenden Kirche „gegen die neue Religion“ für einige Tage inhaftiert und 1937, als die AC von der Gestapo geschlossen wurde, wegen seiner jüdischen Abstammung zwangspensioniert – auf Druck der staatlich massiv beeinflussten Kirchenbehörden.

Schweitzer zog daraufhin mit seiner Frau und den beiden jüngeren Söhnen nach München-Waldtrudering. Hier stieß er zum bereits bestehenden Kreis um Albert Lempp, dem er nach der Erinnerung seines Sohns Wolfgang »bald ein gewisses Gepräge« gab. Bei den Pogromen vom 9. und 10. November 1938 wurde Schweitzer in einem Diakonissenhaus der Münchner Inneren Mission versteckt.

Mit Hilfe des »Büro Grüber« emigrierte Schweitzer 1939 über Holland nach Großbritannien. Dort leitete er zwischen 1943 und 1946 das »Wistow Training Centre«. Angesiedelt in einem englischen Herrenhaus nördlich von Cambridge wurden dort von den Rassegesetzen betroffene deutsche evangelische Theologen ausgebildet.

1948 kehrte Carl Gunther Schweitzer nach Deutschland zurück, wurde Lehrbeauftrager für Ökumenische Fragen an der Universität Münster und 1949 Theologischer Leiter der späteren Evangelischen Sozialakademie in Friedewald bei Siegen. 1965 starb Carl G. Schweitzer in Bonn. (srr/ms)

 

Quellen zu D. Dr. Carl Gunther Schweitzer (1889-1965):